Nach den heftigen Protesten rund um den G20-Gipfel im Juni 2017 erhöhten die deutschen Behörden den Repressionsdruck auf linksradikale Aktivist*innen und Strukturen massiv, um nach dem offenkundigen zumindest zeitweisen Kontrollverlust der Polizei und dem Bekanntwerden zahlreicher Rechtsbrüche durch staatliche Stellen das Gesicht zu wahren und öffentlichkeitswirksam hart durchzugreifen.
Als großen Coup präsentierte das Bundesinnenministerium somit auch das Verbot der Internetplattform Indymedia linksunten. Tatsächlich stellte Indymedia linksunten im deutschsprachigen Raum einen wichtigen Teil (öffentlicher) linker Kommunikationsstruktur dar. Die Seite zeichnete sich besonders durch ihre Open-Posting-Funktion aus, durch die Aktivist*innen ihre Inhalte unkompliziert und anonym publik machen konnten.
Im folgenden Video informiert die Anwältin Kristin Pietrzyk über das Verbotsverfahren von Indymedia linksunten und die damit zusammenhängenden Ermittlungen gegen linke Aktivist*innen.
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Anmerkung: Das Video wurde während des 34. Kongresses des Chaos Computer Clubs (34c3) in Leipzig aufgenommen. Video und Text stammen von der Seite: https://media.ccc.de/v/34c3-8955-all_computers_are_beschlagnahmt
All Computers Are Beschlagnahmt – Zum Verbot von Indymedia linksunten
Im August 2017 wurde Indymedia linksunten vom Bundesinnenminister verboten. Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk berichtet von den Razzien, von der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdiensten und gibt Einblick in das juristische Vorgehen gegen Verbot und Zensur.
Die wichtigste linksradikale Nachrichtenplattform linksunten.indymedia.org wurde im August 2017 von Bundesinnenminister Thomas de Maizière verboten. Um das Presserecht auszuhebeln, nutzte das Innenministerium das Vereinsrecht. Kurzerhand erklärten sie einige ihnen bekannte Freiburger Autonome zu Mitgliedern eines Vereins „Indymedia linksunten” und das Autonome Zentrum KTS Freiburg zum „Vereinsheim“.
Um überhaupt erst gerichtsfeste Belege für das Vereinsverbot und die Zuordnung der Betroffenen zu diesem Verein zu beschaffen, wurden vier Wohnungen und das „Vereinsheim” durchsucht. Das aufgefundene Geld wurde kurzerhand als „Vereinsvermgögen“ deklariert und beschlagnahmt. Die beschlagnahmten Computer sollen von einer „Task Force“ des LKA Baden-Württemberg, der Bundespolizei und dem Bundesamt für Verfassungsschutz „dekryptiert“ und im Erfolgsfall vom Inlandsgeheimdienst ausgewertet werden.
Eigentlich müsste anhand des Beispiels Indymedia linksunten politisch über Presse- und Meinungsfreiheit diskutiert werden. Über gezielte Verfassungsschutzhetze im Vorfeld des Verbots und über den Fallout des G20-Gipfels in Hamburg. Über den Aufstieg der rechtsradikalen AfD und einen deutschen Wahlkampf im Herbst 2017. Stattdessen wird der Fall als Folge eines Verwaltungsakts des Bundesinnenministeriums vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. Kristin Pietrzyk ist Rechtsanwältin aus Jena und vertritt dabei einen der Betroffenen.
Neben den juristischen wird sie auch auf folgende Fragen eingehen: Was hat eine verdeckte Kameraüberwachung mit einer linksradikalen Nachrichtenseite zu tun? Was können Fußnoten in Ermittlungsakten über Informanten des Bundesamtes für Verfassungsschutz erzählen? Wieso liegt die Stickersammlungen jetzt beim Geheimdienst? Und warum wurde eigentlich nicht der alte BKA-Trick angewandt, durch den Zielpersonen mitten in der Nacht ihre Rechner freiwillig entschlüsseln?
Quelle: https://media.ccc.de/v/34c3-8955-all_computers_are_beschlagnahmt